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Interview – Punkten für die Umwelt

am 14.06.2022

Die Reffnet-Beratungen sollen möglichst konkrete Wirkung zeigen. Für jede vorgeschlagene Massnahme wird deshalb berechnet, wie viele Umweltbelastungspunkte (UBP) damit eingespart werden. Über die Berechnung und die Umsetzung wacht ein Team bei EBP, u.a. die Umweltnaturwissenschaftlerin Dr. Isabel O’Connor.

Dr. Isabel O’Connor

Wie lässt sich kurz erklären, wie ihr die Umweltwirkung von Reffnet-Massnahmen berechnet?

Die Reffnet-Expertinnen und Experten beraten Unternehmen, mit welchen Massnahmen sie ihre Umweltbelastung reduzieren können. Um die Umweltwirkung der Massnahmen zu berechnen, wird als erstes abgeschätzt, welche Materialen oder Stoffe sich durch die Massnahme einsparen lassen (z.B. Einsparung von 100 Tonnen Stahl). Anschliessend wird mit der Methode der Umweltbelastungspunkte (UBP) der Umweltnutzen dieser Massnahme bewertet. Die UBP-Methode berücksichtigt Emissionen in die Luft, Böden und Gewässer, aber auch den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen. Für die Bewertung der Massnahmen werden die Emissionen aller Lebenszyklusphasen berücksichtigt. Dazu zählt auch die Herstellung und je nach Massnahme werden auch Emissionen vor Ort, während der Nutzung oder die vermiedene Entsorgung berücksichtigt.

Was ist dabei Ihre Rolle?

Die anerkannten Beraterinnen und Berater von Reffnet können die UBP in einem Online-Tool, das auf international anerkannten Datenbanken basiert, selbst berechnen. Die Plausibilitätsprüfung und Qualitätssicherung erfolgen dann wiederum durch unser Team.

Die Spannweite, wie viele UBP durch die vorgeschlagenen Massnahmen eingespart werden, ist gross; bei mehr als einer Milliarde UBP haken wir besonders nach. CO2-Einsparungen sind nicht der Fokus von Reffnet-Beratungen, sie werden aber jeweils ebenfalls berechnet und ausgewiesen, da es die meisten Unternehmen sehr interessiert.

Zudem prüfen wir später, ob und wie die – freiwilligen – Massnahmen umgesetzt wurden und setzen auch das Bundesamt für Umwelt BAFU darüber ins Bild. Weiter sind wir Teil des Reffnet-Projektausschusses und denken mit bei strategischen Belangen, halten Webinare, erstellen Leitfäden und unterstützen die Expertinnen und Experten bei Fragen.

Was sind häufige Beispiele, die Sie in der Praxis antreffen?

Schöne Beispiele aus den Reffnet-Beratungen sind zum Beispiel die Umstellung auf Mietmodelle bei Möbeln in Schulen oder Hotels, auch «Product as a service» genannt. Dazu zählen das Auffrischen, Reparieren und somit Wiederverwenden von Gütern. Dadurch lässt sich viel Neumaterial wie Stahl, Holz oder Kunststoffe sparen und die Entsorgung von Ressourcen vermeiden. Auch Betriebe der Metallbauindustrie werden regelmässig beraten – durch neue Verfahren lässt sich oft eine relevante Menge Material und somit viele UBP einsparen.

2021 wurden im Rahmen der Beratungen Massnahmen vorgeschlagen, die das Potenzial haben, über die kommenden Jahre eine Umweltwirkung von 65,7 Mrd. UBP zu erzielen – das entspricht der Umweltbelastung von 12 900 Tonnen neu hergestelltem Stahl, der jährlichen Umweltbelastung von 3250 Personen oder der Belastung von 80 300 Personen, die von Zürich nach New York fliegen! Im gleichen Jahr wurden durch umgesetzte Massnahmen bereits 6,1 Mrd. UBP eingespart.

Was gefällt Ihnen an ihrer Arbeit?

Ich bin seit 2018 dabei. Spannend ist, dass alle Beratungsfälle bei uns auf dem Tisch landen. Wir haben Einblick in unterschiedliche Branchen – von der Metallindustrie, der Bau- oder Elektronikbranche über Lebensmittelverarbeitung, Hotellerie und Gesundheitswesen bis hin zur Zinkrückgewinnung und viele mehr. Immer wieder erlebe ich einen interessanten Austausch mit den Expertinnen und Experten, die ein beeindruckendes Know-how aufweisen. Mir gefällt die Einfachheit und Robustheit unserer Methode und das übergeordnete Ziel unserer Tätigkeit, eine positive Wirkung für die Umwelt zu generieren. Ziel von Reffnet ist, mit 200 Beratungen 200 Milliarden UBP einzusparen, also im Schnitt eine Milliarde pro Beratung. Immer wieder schön ist, wenn die Umsetzung der Massnahmen nicht nur der Umwelt dient, sondern die Unternehmen dabei trotz Anfangsinvestitionen längerfristig Kosten einsparen.

Wie kauft eine Ökobilanz-Expertin privat ein?

Ich bezeichne mich als bewusste Konsumentin – esse aber durchaus ab und zu Fleisch oder lege mir neue Kleidung zu, klar. Bei meinen Anschaffungen versuche ich, stark auf die Qualität zu achten, damit ich lange Freude daran habe. Dass seit einigen Jahren doch ein Umdenken stattfindet und inzwischen viele Menschen überlegter konsumieren, macht mir Hoffnung.